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Speaking of colour – David Löhr

Jede Menge Farben, Muster, Webungen: Das ist BOLON. Doch nicht nur wir lieben die Kraft und Macht der Farben, auch einige unserer Partner und Freunde tun es. In dieser Serie stellen wir einige von ihnen vor. Dieses Mal: David Löhr von Loehr

Wir treffen David Löhr auf seiner Wohnzimmercouch – virtuell versteht sich. Heute ist nicht daran zu denken, dass er noch ins Büro geht, der Rücken macht Ärger. Im Gespräch dennoch entspannt, zeigt sich schnell: Zum Thema Farben hat David jede Menge zu sagen. Gemeinsam mit seinen beiden Brüdern Julian und Leon hat David das Familienunternehmen 2012 gegründet. Loehr steht für funktionale, innovative Entwürfe, die ausschließlich in Deutschland produziert werden und den Anspruch verfolgen, etablierte Typologien aufzulösen. 

David, Ihr führt Loehr zu dritt. Wer von Euch drei Brüdern ist der Farb-Enthusiast?

Ich denke, das bin in erster Linie tatsächlich ich. Jeder von uns bringt seine Schwerpunkte mit – und mein Hintergrund ist ursprünglich Grafik- und Kommunikationsdesign. Zur grafischen Sprache gehören Farben dazu. Unabhängig vom Produktdesign geht es bei uns sehr viel um die Frage: Wie und wohin entwickeln wir uns farblich? 

Welche Bedeutung hat Farbe für Loehr?

Eine essentielle Bedeutung. Die Farbigkeit spielt bei jeder unserer Produktentwicklungen zu einem sehr frühen Zeitpunkt eine Rolle. Lange bevor alle technischen Fragen geklärt sind, reden wir auch über die Farbigkeit. Es entstehen bei uns immer wieder neue farbliche Präferenzen und damit Key Colours, die die gesamte Kollektion beeinflussen können.

Hast Du ein Beispiel?

Key Colours sind für uns Farben, die stark mit einem Produkt verknüpft sind. Zum Beispiel stellen wir bei unserem Jazz Chair Orange stark nach vorne – eine Signalfarbe war uns hier wichtig, um dem Produkt eine eigene Qualität und Position zu verleihen.

Key Colours dürfen also auch wieder aus der Kollektion fliegen?

Ja, wenn die Zeit gekommen ist für einen Wechsel oder eine Verschiebung, dann passiert das auch. Aber wir versuchen mit diesen Veränderungen den richtigen Zeitpunkt abzupassen, der meist mit einem Anlass – einem neuen Release oder einer Präsentation – verbunden ist

Spielt die Mode mit ihren Trends bei der Auswahl Eurer Signalfarben eine Rolle? 

Es existiert ja eine ganz eigene Farb-Trend-Industrie mit dem Pantone Color Institute. Das nutzen wir bei unserer Arbeit allerdings nicht. Es gibt Strömungen, die man bereits lange im Vorfeld spüren kann. Farben liegen gewissermaßen in der Luft. Oft weiß man gar nicht, woher diese dann kommen, was die Referenzen sind. Sie sind plötzlich im Gespräch. Und mit neuen Farben ergeben sich wiederum neue Matches mit anderen Farben, und manche passen dann eben nicht mehr, wie es bei uns jetzt mit Rot der Fall ist.

Hat sich Euer Umgang mit Farbe seit Eurer Gründung verändert?

Definitiv. Dass wir Farbigkeit bewusst und selbstbewusst einsetzen, ist so richtig erst durch den engen Dialog mit Architekten entstanden. Wie funktionieren unsere Möbel im Kontext von Architekturprojekten? Wie beeinflussen Farben Räume? Wie komponiert man mit Farbe? Das sind die Fragen, die wir uns jetzt stellen.

Seid Ihr heute mutiger?

Auf jeden Fall. Wir wollen nicht gefällig sein. Wir finden es spannend, wenn es durch Farbigkeit auch mal anfängt zu flimmern. Es gibt ja immer Elemente im Raum, die sich zurückhalten – das ist auch okay. Aber dem etwas Intensives entgegenzusetzen, das ist es, was uns interessiert. Da fängt es erst an, spannend zu werden.
 

Hättet Ihr Orange vor fünf Jahren noch nicht in Eure Kollektion aufgenommen?

Zu Beginn sind wir harmonischer und weniger künstlerisch mit dem Thema Farbe umgegangen. Dementsprechend war die ganze Palette anders gelagert; insofern, um die Frage zu beantworten: Nein, vermutlich nicht.

Welche gefällige Farbe musste schon gehen?

Industriegrün, Ozeanblau und Mausgrau. Allesamt sehr gedeckte Töne.

Gibt es eine Brand Colour, mit der man Euch assoziiert?

Farben sind extrem identitätsstiftende Merkmale, aber eben einem Wandel unterzogen. Wir haben uns daher bewusst gegen eine „Markenfarbe“ entschieden, um hier flexibel zu bleiben. Wir glauben allerdings schon, dass wir grundsätzlich mit einer expressiven „Loehr-Palette“ identifiziert werden. 

Wie viel Farbe vertragen Wohnräume?

Meine persönliche Einschätzung: Mehr als man glaubt. Man sollte sich schon mal trauen, beispielsweise einen knalligen Stuhl in einen sonst eher einfarbigen Raum zu stellen. Signalpunkte tun Räumen gut und haben oft das Zeug dazu, Lieblingsplätze zu werden. Oder einfach ein farbiges Tablett, wo man jeden Tag seinen Schlüssel ablegt. Es darf auch mal ein komplett farbiger Teppich sein. Man kann versuchen, seine Wohnräume in farbige Zonen zu unterteilen. Das funktioniert oft sehr gut.

 

Und wie viel Farbe vertragen Büroräume?

Das kommt auf die Zone an. Man muss etwas funktionaler denken. Es gibt sicherlich Zonen, die mehr Ruhe brauchen. Und es ist natürlich auch davon abhängig, wer das Büro bewohnt. Ist es eine Kreativagentur, die sich inhaltlich viel mit Farbigkeiten auseinandersetzt, sollten die Räume eher neutral sein, wo man arbeitet. Da dürften dann Räume wie die Küche oder die Toiletten wiederum farbiger sein. Das schafft dann auch wieder Kontraste. Grundsätzlich gilt: Wo auch immer konzentrierte Arbeit notwendig ist, sollte man die Palette eher runterdimmen. Und für die anderen Räume gilt das gleiche wie für Wohnräume: Die vertragen in der Regel mehr, als man zunächst denkt.

Hast Du eine persönliche Lieblingsfarbe?

Auf gar keinen Fall – alle Farben sind gut. Ich versuche, das auch meinen Kindern zu vermitteln. Ich habe zwei Söhne und neulich hat meine Frau dem Älteren ein rosafarbenes T-Shirt mitgebracht, das er erst nicht gut fand, dann aber doch. Als sein Freund zu Besuch war, sagte der: Eigentlich ist dein Shirt ganz cool. Und mein Sohn antwortete: Die Farbe ist gut, oder? Ist doch egal was alle anderen sagen, wir machen jetzt unseren eigenen Stil. Da habe ich mich gefreut. Jede und jeder kann bestimmte Konnotationen auflösen. Die Farbe Rosa finde ich da beispielsweise total interessant. Einerseits gibt es im westlichen Raum diese starke Gender-Assoziation, andererseits steht Rosa in Japan für Vergänglichkeit, die Kirschblüte, die nur kurze Zeit blüht. Farben verlieren ihren Kontext, sobald man sich aus dem eigenen kulturellen Umfeld heraus bewegt. Man lernt sie neu zu assoziieren. 

Kann ich diese neuen Assoziationen auch ohne große Reisen lernen?

Absolut. Man sollte ungewohnte Farben einfach ausprobieren. Zum Beispiel in Form von Kleidung oder Wandfarben. Dann zu beobachten, wie man darauf reagiert, ist eine Erfahrung wert! 

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