Wir können auch anders: “Strange Strings” in unserem Berliner Showroom.
Ein paar Monate haben wir doch gebraucht. Seit Herbst vergangenen Jahres stehen die Türen zu unserem lauten, bunten, neuen Showroom in der Linienstraße in Berlins Mitte offen. Das Gallery Weekend Ende April bot Anlass, einen weiteren Bestandteil unseres Konzepts in die Tat umzusetzen: Vom 26. April bis 03. Mai trafen die Stockholmer Keramikkünstlerin Caroline Harrius und der interdisziplinär arbeitende Berliner Künstler Olaf Bastigkeit in unseren Räumlichkeiten aufeinander.
“Strange Strings” heiß die Kunstausstellung, bei der erneut – wie bereits im Interiorkonzept unseres Showrooms manifestiert - schwedische auf Berliner Kreativität traf. Auf den ersten Blick mag Caroline Harrius und Olaf Bastigkeit wenig vereinen: Während sie auf ausschließlich ein Material (Keramik) und wenige Objekte (Fliesen, Teller, Spiegel und Vasen, immer wieder Vasen) fokussiert ist, scheint er überall zuhause. Bildhauerei und Aquarellzeichnen, Video- und Lichtinstallationen, Skulpturen aus Papier, Metall, Holz – es scheint, als gäbe es weder Materialien noch Techniken, die Bastigkeit nicht reizen würden.
Erst beim zweiten Blick stellt man fest, was Künstlerin und Künstler verbindet. Zum einen ist da die Darstellung von Natur, insbesondere von floralen Motiven, die für beide wesentlicher Bestandteil aktueller Arbeiten ist. Während Harrius in ihrer Serie “Embroidered Objects” Blumenmotive auf Keramikvasen stickt und damit das Motiv der Blume verewigt, hält Bastigkeit in seiner Kurzfilm-Serie “Descendingascending” Wachstum und Verfall unterschiedlicher Schnittblumen fest und zeigt sie als Bestandteil chaotischer Systeme in mehreren grafischen Aquarellen der Serie “Space is the place”.
Die Filme von Olaf Bastigkeit sind mit Ton kombinierte, filmische Collagen. Sie tragen Namen wie Amarylis, Gladiolis oder Lilies und zeigen entsprechende Sträuße, mal in der Totalen, mal ganz nah. Blüten wachsen und öffnen sich, sind prachtvoll und kräftig, verwelken und fallen auseinander. Ein Prozess, der uns allen wohl vertraut ist, den wir alle schon etliche Male beobachtet haben – und der dennoch eine große Kraft entfalten kann. Die Filme von Olaf Bastigkeit zeigen, wie unterschiedlich jede Blume in ihrem Wachstum und Verfall anmutet. Auch in Abhängigkeit zu ihren individuellen Beschaffenheiten entstehen so ganz unterschiedliche Kompositionen, die Fragen aufwerfen: Was ist Schönheit, was ist Vergänglichkeit? Was an diesem Prozess berührt uns, und in welcher Lebensphase stehen wir womöglich selbst? Was ist Verschwendung, was ist Wachstum, was ist Auferstehung?
Auch die in Stockholm lebende Harrius wirft mit ihren “Embroidered Objects” Fragen auf. Ihre unscheinbaren, traditionsreichen Haushaltsobjekte wie gehäkelte Vorhänge, bestickte Kissen, Blumentapeten oder eben bestickte Vasen stimmen nostalgisch: Was schätzen wir heute als große Kunst, und was lehnen wir als geschmacklosen Schnickschnack ab? Wie sehr ist die Geschichte des Kunsthandwerks von Geschlechterhierarchien geprägt? Und wie wirken sich diese womöglich nach wie vor auf das Kunsthandwerk von heute aus?
Der Titel “Strange Strings” ist übrigens ein weiterer, humorvoller Verweis auf eine Analogie der Ausstellenden – und Bolon. Schließlich sind Fäden fester Bestandteil der Arbeiten von Caroline Harrius, sie durchziehen die grafischen Arbeiten von Olaf Bastigkeit und sie bilden die Basis aller Bolon-Bodenbeläge.